ARCHITECTURE AND THE SENSES
Nico Hölzel
ACOUSTIC INTIMACY
Im Kapitel „Acoustic Intimacy“ beschreibt Juhani Pallasmaa die Bedeutung des Hörens, was durch das Empfangen von Klängen ermöglicht wird. Der omnipräsente Klang schafft ein zeitliches Kontinuum, in das visuelle Eindrücke eingebettet sind. Dieses Kontinuum wird durch das Ohr, anders beim Sehen, empfangen und schafft eine strukturierte Erfahrung von Raum. Er vergleicht immer wieder das Hören und Sehen miteinander und arbeitet die Unterschiede hervor. Das Sehen ist eine bewusste, direkte Erfahrung. Das Hören hingegen beschreibt er als eine unbewusste Hintergrunderfahrung. Hören schafft für den Autor ein Gefühl der Verbundenheit und Solidarität. Des Weiteren hat jeder Raum ein charakteristischer Klang. Dieser kann intim, monumental, einladend, abweisend, gastfreundlich oder feindselig sein. Ebenfalls hat jede Stadt seinen eigenen Klang, abhängig von der Größe und dem Belag der Straße, sowie dem vorherrschenden architektonischen Stil. Ein Raum, der solch eine Intimität auslöst, ist der Große Saal der Elbphilharmonie Hamburg. An jedem Ort in diesem Raum kann jeder Klang, jedes Geräusch wahrgenommen werden. Durch diese Allgegenwart entsteht die Wahrnehmung, dass man alleine mit den Künstler*innen im Raum ist.
PERIPHERAL VISION
Das Kapitel „Peripheral Vision“ handelt von der Aura der Architektur. Sie verkörpert das Ergebnis des Entwurfsprozesses in der gebauten Realität. Gleichzeitig entsteht sie während des Entwurfsprozesses durch die Architektinnen, die in dieser Zeit die Landschaft, den Kontext, die funktionalen Anforderungen und das geplante Gebäude verinnerlichen. Die Aura des Werkes wird durch den Betrachtenden wahrgenommen und es kommt zu einer Interaktion zwischen Werk und Körper des Betrachtenden. Dabei spiegelt die Erfahrung die körperlichen Empfindungen der/des Schöpfer*in wider. Somit strahlt die Aura den Charakter der Erschaffenden aus. Architektur überträgt also die Informationen der Körper der Architekt*innen auf den Körper der Menschen, die das Werk betrachten. Zur Veranschaulichung kann hier das Militärhistorische Museum Dresden angeführt werden. Die dynamischen Bewegungen, die Libeskind während des Entwurfes ausführte, übertragen sich durch die stützenden Wände und Decken auf den Betrachtenden.
MULTI-SENSORY EXPERIENCE
In Juhani Pallasmaa’s Buch „The Eyes of the Skin“ beginnt er das Kapitel „Multi-Sensory Experience“ mit der Beschreibung eines Spazierganges in der Natur. Er erklärt anhand dieses Beispiels die Wichtigkeit des Zusammenspiels aller Sinne, um die Realität zu begreifen. Dieses Zusammenspiel muss für ihn auch bei dem Erleben von Architektur passieren, da sie als Erweiterung der Natur im Menschen gemachten Raum dient. Besonderes Interesse widmet er der Verbindung zwischen dem Tasten und dem Sehen. Der Tastsinn bildet die Grundlage für die Wahrnehmung von Festigkeit, Widerstand und Ausdehnung, die für die räumliche Tiefe, die Empfindung von Raum und Körperlichkeit entscheidend sind. Das Sehen wiederum kann als eine Form des unbewussten Tastens betrachtet werden. Es gibt eine untrennbare Verbindung zwischen dem Sehen und dem Tastsinn, die unsere Erfahrungen ergänzt und zu einer kohärenten Gesamterfahrung führt. Architektur führt zu solch einer Gesamterfahrung, indem sie unsere Sinne stimuliert. Ein gebautes Beispiel, das dieses Zusammenspiel perfekt verkörpert, ist das Haus Falling Water von Frank Lloyd Wright. Das Gebäude verwebt sich mit dem umgebenden Wald, die steinerne Oberfüchen spiegeln den umliegenden Felsen wider. Aus diesen steinernen Volumina schieben sich weitere hervor. Die Farben des Hauses spiegeln die Umgebung wider. Hinzu kommen die Gerüche und Geräusche des Waldes, wie auch die des angrenzenden Flusses. Die klare, feuchte Luft ist durch den Tastsinn auf der Haut zu spüren. Alle Sinne werden hier angesprochen und angeregt, was zu einem einzigartigen Gesamterlebnis führt.